Kleines ABC des Glaubens

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses „Kleine ABC des Glaubens“ ist aus persönlicher Sicht geschrieben. Es soll kein historisches Wörterbuch ersetzen. Wissenswertes ist dennoch dabei. Viel Freude beim Lesen wünscht

Sven Torjuul, Pfarrer

Ein Glaubens-ABC mit vielen Erklärungen und Stichworten siehe unter: EKD – Glaubens-ABC

Zu Glaubensfragen im ökumenischen Horizont siehe auch unter: Taizé – Einige Glaubensfragen

Anfang Gottesbeweise Probleme
Abendmahl Hoffnung Quelle
Barmherzigkeit Inspiration Rechtfertigung
Beichte Jesus Christus Religionen
Christen Juden Sünde
Danken Kirche Taufe
Diakonie Konfirmation Tiere
Du Kreuz Tod
Evangelisch Lassen Vergebung
Fest Liebe Vernunft
Frieden Mission Vertrauen
Gebet Nächstenliebe Warum?
Glaube Ökumene Wort Gottes
Gott Pfarrer/Presbyterium Zweifel

A

AmenAller Anfang ist schwer …, gilt das auch für den Glauben? Viele Menschen fühlen sich immer wieder ganz am Anfang bei den Fragen: Gibt es Gott? Was bedeutet es, Christ zu sein?

Glauben ist ein Weg. Bei einem Weg muss man nicht gleich fertig sein und am Ziel stehen. Jeden Tag neu anzufangen, das gehört zum Glauben. „Vom Christenleben wird gesagt, es sei nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht eine Gesundheit, sondern ein Gesundwerden, nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan und geschehen, aber es ist im Gang und Schwang.“ (Martin Luther)

Eher etwas für Fortgeschrittene scheint das Abendmahl zu sein. Doch alle Getauften und auch die Kinder sind dazu eingeladen. Christus schenkt uns sein Leben und seine Vergebung. Sichtbarer Ausdruck dafür sind Brot und Wein bzw. Traubensaft. Christus hat versprochen: Er will gegenwärtig sein, wo wir Brot und Wein in seinem Namen teilen. Er verbindet uns in einer Gemeinschaft.

B

Barmherzigkeit ist eine christliche Tugend. Sie bedeutet, ein offenes Herz für die Not von Menschen zu haben. Es gibt die äußere, materielle Not und es gibt die innere Not. Barmherzig zu sein mit anderen Menschen und ihren Schwächen, aber auch mit sich selbst und den eigenen Grenzen – das ist ganz schön schwer. Barmherzigkeit ist heilsam. Es kann nicht alles perfekt sein!

Haben Sie schon mal jemandem etwas gebeichtet? Dann war es sicher nötig! Die Beichte kann eine gute Sache sein. Denn wenn einer wirklich schuldig geworden ist, dann reicht die Methode „Schwamm drüber“ nicht aus. Neu anfangen kann ich erst, wenn ich mich ausgesprochen habe, wenn ich Fehler zugegeben habe. Und wenn ich schließlich ein Zeichen des Verzeihens bekomme. Dafür brauche ich einen Menschen, dem ich vertraue.

C

Christen heißen Leute, die auf Jesus Christus vertrauen möchten und die auf seinen Namen getauft sind. Christen sind keine besseren Menschen. Christen sind Menschen des Vertrauens. Sie geben die Hoffnung im Leben nicht auf, und sei die Hoffnung noch so gefährdet. Christen sagen „trotzdem“, weil Gott ihnen den langen Atem schenkt.

D

Aktuell lernen wir, dankbar für Regen zu sein. Regen ist kostbar, obwohl er nichts kostet. Das Danken ist eine Wurzel von Spiritualität und Glauben. Vielen Menschen fällt es schwer, zu danken. Leichter fällt es, über Missstände zu klagen. Doch wer dankt und lobt, sieht die Dinge in einem anderen Licht. Danke zu sagen eröffnet einen neuen Zugang zum Leben. Dankbarkeit hält mich wach für das, was mir jeden Tag neu und überraschend gegeben wird.

Diakonie bedeutet Dienst, hilfreiches Dasein für Andere. Diakonische Einrichtungen in unserer Gemeinde sind die Kindertagesstätte, das Kinder- und Jugendzentrum und der Sozialdienst. Aber auch Seelsorge und Besuchsdienst sind diakonische Anliegen. Die Diakonie will dem Auftrag Jesu entsprechen, für die Menschen und besonders für die Schwächsten da zu sein (vgl. Matthäus 25, 40). Diakonie wird z. T. auch durch öffentliche Gelder unterstützt, weil sie im Sinne des Gemeinwohls tätig ist.

In der Begegnung zwischen Ich und Du liegt ein Geheimnis unseres Lebens. Erst die Begegnung mit einem Du macht uns lebendig. „Wer du spricht, hat kein Etwas zum Gegenstand, hat nichts. Aber er steht in der Beziehung.“ Und: „Gegenwart gibt es nur insofern, als es Gegenwärtigkeit, Begegnung, Beziehung gibt.“ (Martin Buber, Ich und Du)

E

Evangelisch bedeutet, treu dem Evangelium gegenüber zu sein, das Wort Christi wert zu schätzen und sich ihm anzuvertrauen. Der evangelische Christ weiß sich bejaht, unabhängig von dem, was er leistet. Das schlichte Vertrauen auf Gottes Güte reicht ihm aus. (vgl. Lukas 18, 9-14) Weil er sich innerlich geliebt und frei fühlt, kann er für andere da sein. (vgl. Galater 5)

F

Jeder Gottesdienst kann ein Fest sein. Gemeinde hat keinen Nutzen für sich allein, sondern sie weist auf Gott und seine wunderbare Liebe. Darum hat sie immer etwas zu feiern. Dazu reichen einfache Mittel, Spontaneität und Gastfreundschaft. „Meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn; mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.“ (Psalm 84,3)

Jesus hat seinen Jüngern aufgegeben, für den Frieden zu wirken. (vgl. Matthäus 5) Gott wirkt zwar schon in seiner Welt. Wir müssen Gott nicht erst hineinbringen. Aber wir können unseren Teil dazu tun, sei es in sozialer Hinsicht, familiär, ökologisch oder politisch.

Dürfen Christen militärische Gewalt einsetzen? Jesus hat davon abgeraten, zur Waffe zu greifen. Die christliche Tradition jedoch sieht Gewalt als „letztes Mittel“ in einer noch unerlösten Welt, gerechtfertigt dann, wenn Schlimmeres verhütet werden kann.

G

Das Gebet ist ein Wagnis. Es rechnet mit dem lebendigen Gott. Sage Gott, was dich bewegt. Sag ihm sogar das Unaussprechliche! Und tue es sofort, ohne Aufschub.

Das Gebet braucht keine besonderen Methoden oder Fähigkeiten. Es hilft aber, eine ruhige Minute zu nutzen. Zuhause, im Stau oder an der Haltestelle, überall kann der richtige Ort dafür sein. Mancher findet erst abends im Bett Zeit. Das Gebet ist wie eine heilende Quelle, aus der man jederzeit schöpfen kann.

Der christliche Glaube ist innere Gewissheit und Vertrauen in die Güte Gottes, wie sie uns in Jesus Christus nahe gekommen ist. Für Jesus ist Glaube eine innere Kraft, die etwas bewegen kann. Er vergleicht sie mit einem Senfkorn, mit dem sich Berge versetzen lassen. Der Glaube kann also auch klein sein – wie ein Samenkorn – und mit Zweifeln behaftet. Dennoch wächst etwas aus ihm und kann Gutes bewirken. (Lukas 17, 5; Matthäus 17, 20; siehe auch unter dem Stichwort „Zweifel“)

Gott ist ein Wort, das man nicht voreilig benutzen sollte. Denn Gott steht nicht in unserer Hand. Gott kann in der Höhe sein, aber auch in der Tiefe. Gott ist so groß, dass er auch im Kleinsten sein kann. Wir vertrauen auf Gott, weil Gott sich selbst bekannt macht: Als Grund seiner Schöpfung, als unser Bruder in Jesus Christus, als Geisteskraft, die uns bewegt.

Im Neuen Testament heißt es: „Gott ist die Liebe“ (1. Johannes 4,8). Wenn das stimmt, dann schauen wir oft in die falsche Richtung, wenn wir nach ihm fragen. Wir schauen in die Richtung von Traditionen, Lippenbekenntnissen oder besonderen Erlebnissen. Wir könnten auch einmal versuchen, in unser Herz zu schauen. Wo kann ich die Lebenswärme spüren mit Leib und Seele? Will ich der Liebe noch eine Chance geben? Was trägt mich in der Tiefe meines Seins?

Gottesbeweise haben nur eine begrenzte Bedeutung. Kein Mensch glaubt aufgrund von Beweisen an Gott. Es gibt aber Gründe, an Gott zu glauben. Wir begegnen z.B. Menschen, die uns das Gute vorleben. Wir erleben die Schönheit der Natur. Wir bekommen eine Beziehung zu Jesus Christus. Wir erfahren Gottes Wirken in unserem Leben und durch das Gebet. Wir erwägen unseren Glauben mit unserer Vernunft. So entwickelt sich Christsein im Lauf der Lebensgeschichte auf persönliche Weise.

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H

Sollen wir die Hoffnung aufgeben? Ist die Welt nur wie eine Art schlechter, steiniger Acker?

Jesus antwortete auf diese Frage in einem seiner Gleichnisse: O ja, vieles wird im Leben weggepickt, wird von Dornen erstickt oder es verdorrt. Doch lass dich davon nicht unterkriegen. Manches trägt auch Frucht. Wirf dein Vertrauen nicht weg. Entdecke das Gute! (vgl. Markus 4, 2-9)

I

Als Christen vertrauen wir darauf, dass uns Gottes Geist immer wieder neue Inspiration schenkt. Gott hat uns nicht verlassen, sondern kommt uns nah durch seinen Geist. Es ist Gottes Geistkraft, die in uns betet und seufzt. (vgl. Römer 8, 26) Es ist sein Geist, der uns aufhilft, wenn wir selber nicht mehr weiter wissen und uns zu schwach zum Beten und Hoffen fühlen. Der Geist wirkt in uns die Hoffnung. Seine Inspiration schenkt uns gute Ideen. Wenn wir ein Ziel vor Augen haben, wissen wir wieder, wofür sich unsere Mühe lohnt. Wir bekommen neuen Schwung und neue Lebensenergie.

J

Jesus von Nazareth war ein Jude aus Galiläa, der im ersten Jahrhundert lebte. Er verkündete das nahe Kommen des Reiches Gottes, predigte in Gleichnissen und heilte Menschen. Er trat ganz besonders für die „Verlorenen“ ein, die Armen, Kranken und Sünder. Nach wenigen Jahren öffentlicher Wirksamkeit wurde er in Jerusalem von den Römern gekreuzigt.

Der christliche Glaube baut darauf, dass Gott selber durch Jesus gewirkt und ihn von den Toten auferweckt hat, allen Menschen zur Rettung und zum Heil. Darum nennen wir Jesus den Christus, d.h. der „Gesalbte“.

Wie ist unser Verhältnis zu den Juden? Paulus schrieb den ersten Christen ins Stammbuch: „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“ (Römer 11, 18) Früher meinten die Christen, das Judentum hätte seine Existenzberechtigung verloren. Heute wissen wir: Dieser Anspruch war anmaßend. In Wahrheit haben wir das Judentum nicht abgelöst, sondern wir sind dazu getreten.

Jesus selber war Jude und seine Botschaft ist im jüdischen Glauben verwurzelt. Durch ihn sind viele Teile des jüdischen Glaubens zu einem Bestandteil unserer eigenen Identität geworden, z.B. die 10 Gebote und das Gebot der Nächstenliebe.

K

Kirche ist nicht in erster Linie ein Gebäude – es ginge auch ohne -, auch nicht eine Organisation – ein Nebenprodukt, wenn viele Leute zusammenkommen -, sondern eine Gemeinschaft, ein Haus aus „lebendigen Steinen“ (vgl. 1. Petrus 2, 5). Jesus Christus hat allen Menschen die Gemeinschaft mit ihm angeboten. Kirche im eigentlichen Sinne ist die Gemeinschaft, die aus seinem Wort und seiner Gegenwart lebt.

Diese Gemeinde Jesu ist keine Insel der Seligen. Sie lebt von Hoffnung. Sie braucht immer wieder Verzeihen, um mit Schuld umzugehen. „Die Kirche ist nicht gut genug für Jesus Christus. Aber wir haben keine andere… Sie müsste auch heute lauter für die Stummen den Mund auftun. Aber sie hat keinen außer deinen und meinen.“ (Traugott Giesen, Schmerzlich schön wunderbar)

Konfirmation heißt „Bekräftigung“. In der Konfirmandenzeit lernen die „Konfis“ Grundzüge des christlichen Glaubens kennen und erleben Gemeinde vor Ort. Mit der Konfirmation sagen sie dann Ja zu ihrer Taufe. Sie bekommen Rechte verliehen, z.B. Taufpate werden zu können. Die Gemeinde verspricht, sich für sie einzusetzen und bittet, dass Gott auch in den schweren Zeiten des Erwachsenenwerdens und den Stürmen des Lebens bei ihnen ist.

Lichter

Am Kreuz ist Jesus gestorben. Musste das sein? Wir stehen nicht an Gottes Stelle, um darüber urteilen zu können. Wir wissen nur: Es war so.

Braucht Gott ein Sühnopfer? Nein! Wir sind es, die es brauchen, dass einer für uns einsteht. Aus dem Zeugnis des Neuen Testaments lesen wir: Gott selber ist für uns eingestanden. Gott muss nicht versöhnt werden. Sondern umgekehrt: Er versöhnt die Menschen mit sich selbst (vgl. 2. Korinther 5, 19).

L

Manchmal müssen wir Dinge einfach lassen, wie sie sind. Viel Unheil kommt daher, dass wir Menschen nicht auch einfach mal ruhig bleiben können und nichts tun. Und wenn wir ständig darum kämpfen, glücklich zu sein, werden wir am Ende nur noch unzufriedener.

Gehen unsere Wünsche nicht in Erfüllung, kann das schmerzhaft sein. Doch es kommt in dem, was wir tun, nicht immer auf das Ergebnis an. Hauptsache, wir tun unser Bestes. So macht es Gott: „Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Matthäus 5, 45)

Liebe, was für ein Wort, abgegriffen und missbraucht. Und doch ist die Liebe die Mitte von allem. Wie sollten wir leben ohne Liebe? Ohne zu lieben und geliebt zu werden? Ohne ja sagen zu können zu uns? „Gott ist die Liebe“, so heißt es im ersten Johannesbrief (1. Johannes 4, 8). Martin Luther fand für Gott das Bild „ein glühender Backofen voller Liebe“. Nach dem höchsten Gebot gefragt, antwortete Jesus: Gott lieben und den Nächsten wie dich selbst (vgl. Lukas 10, 27).

M

Mission bedeutet „Sendung“. Gott hat durch Jesus Christus deutlich gemacht, was seine Sendung in die Welt bedeutet. Und er möchte uns als Mitarbeitende in den Dienst nehmen. Wir können Zeugen seiner Liebe sein. Wir können uns bemühen um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.

N

Grundlegend für das Handeln eines Christen ist die Nächstenliebe. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (3. Mose 19, 18) Jesus machte deutlich, dass der Nächste in diesem Sinn insbesondere der leidende Mensch ist, der Hilfe braucht (vgl. Lukas 10, 25-37). Daraus ergibt sich der Auftrag der Diakonie. Ergänzend steht daneben die Goldene Regel: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch.“ (Matthäus 7, 12)

O

Ökumene, wörtlich: „die ganze bewohnte Erde“, steht für die Gemeinschaft der christlichen Kirchen. Meist sind da bei uns die katholischen und evangelischen Christen im Blick. Wie können Christen für Versöhnung zeugen, wenn sie selber nicht versöhnt sind? Wie können Christen für Frieden und Gemeinschaft sprechen, wenn sie selber zerstritten sind? Der Weg der Ökumene ist wie die Annäherung von Geschwistern. Ökumene braucht gegenseitige Achtung und Hoffnung.

P

Pfarrerinnen und Pfarrer erfüllen stellvertretend für die Gemeindeglieder bestimmte Aufgaben: Seelsorge, Verkündigung und Unterricht. Sie sind nicht automatisch die Chefs der Gemeinde. Zunehmend widmen sie sich der Aufgabe, Trainer für das Team Gemeinde zu sein. Die Leitungsaufgaben der Gemeinde übernehmen sie gemeinsam mit den ehrenamtlichen Mitgliedern des Presbyteriums.

Probleme sind menschlich. Probleme können verstanden und gelöst werden. Probleme bleiben aber auch. Das Ideal, alles in den Griff bekommen zu müssen, ist der Lebensfreude abträglich. Christen sind nicht dazu da, alle Probleme zu lösen. Wenn es gut geht, bewahren sie ihren Humor und loben Gott aus den Problemen heraus und trotz aller Probleme.

Quelle

Q

Gott ist eine Quelle der Liebe und des Lebensmutes, die in jedem Menschen sprudelt. Manchmal scheint diese Quelle verschüttet oder getrübt. Aber wenn wir beten, ist Gott nahe. Wir können den Mut haben, Gott unsere Sorgen in einem ganz schlichten Gebet anzuvertrauen.

„Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offenbarung 21,6)

R

Nach Martin Luther bedeutet Rechtfertigung, dass ein Christ vor Gottes Gericht gerecht gesprochen wird, und zwar trotz seiner Schuld, allein aus geschenkter Gnade, allein aus geschenktem Glauben. Darum kann es heißen: „Zugleich gerecht und Sünder“. Und: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“ (vgl. Römer 1, 17) Christsein bedeutet nach Martin Luther nicht in erster Hinsicht Moral, auch nicht Leistung, sondern Freude über geschenktes Leben.

Die Frage nach den Religionen: Gibt es nur einen Weg und eine Wahrheit? Gegenfrage: Warum sollte die göttliche Wahrheit nicht in verschiedenen Religionen wirken können, so wie das Sonnenlicht in einer Kirche durch verschiedenfarbige Glasfenster fällt? Wer will Gottes Geist absprechen, zu wirken, wo er will?

Aber nicht alles wird gleich-gültig. Für uns Christen bleibt Jesus Christus der entscheidende Maßstab. Es gibt Gemeinsamkeiten und zugleich gewichtige Unterschiede zwischen den Religionen.

S

Das Wort Sünde ist heute ungewohnt. Es scheint veraltet. Aber die gemeinte Sache ist es nicht. Sünde bedeutet: Menschen wenden sich ab von der Gemeinschaft mit Gott. In der Folge machen sie sich gegenseitig das Leben schwer, streiten, lügen, töten und zerstören die Schöpfung. Zwischen uns und einem wirklich guten Leben, zwischen uns und Gott liegt ein Abstand, so wie bei einem Land, das durch das Meer getrennt wird (=“Sund“). Gott kann diese Trennung überbrücken. Wenn das in unserem Leben geschieht, ist es immer wieder ein Geschenk und eine Gnade.

T

In der Taufe nehmen wir sichtbar das neue Leben an, das uns durch Jesus Christus gegeben ist. Durch die Taufe gehören wir zu Jesus Christus und werden in die Gemeinschaft aller Getauften hinein genommen. „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Jesus Christus.“ (Galater 3, 28) Und Luther erläuterte im Kleinen Katechismus: „Wasser tut’s freilich nicht, sondern das Wort Gottes, das mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, der solchem Worte Gottes im Wasser traut.“

Christen haben die Tiere in der letzten Zeit arg vernachlässigt. Die neuesten Erkenntnisse der Biologie zeigen, dass auch Tiere Formen von Gefühl, Geist und Bewusstsein haben. In der Bibel wird der Segen Gottes zuerst den Tieren zugesprochen (Genesis 1,22). Tiere und Menschen haben in der Bibel ihren je eigenen Wert und ihre je eigene Beziehung zum Schöpfer. „Ihre Ehre ist die Verborgenheit ihres Seins mit Gott, nicht weniger als unsere Ehre das Offenbarsein ist. Denn was wissen wir schließlich, welches die größere Ehre ist?“ (Karl Barth, Kirchliche Dogmatik)

Der Tod ist scheinbar der heimliche Herrscher in der Welt. Aber er ist nicht das Ende. Sondern Anfang und Ende ist Gott, der „alles in allem“ sein wird (vgl. 1. Korinther 15, 28) Wir kommen aus Gott und wir gehen zu Gott. Wie soll das geschehen, wie sollen wir sterblichen Menschen den Tod überdauern? Nur so, dass Gott uns in die Beziehung zu ihm ruft. „Fürchte dich nicht. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.“ (Jesaja 43, 1)

V

Vergebung ist vielleicht das Schönste im Glauben. Und das Schwierigste. „Siebzig mal siebenmal“ sollt ihr vergeben, sagt Jesus (vgl. Matthäus 18, 22). Uns fällt es oft schon schwer genug, einmal oder zweimal zu vergeben. Das Leben vieler Menschen ist von untergründigem Groll, von Zank und Streit vergiftet. Wie kommt man da raus? Nicht einfach durch Vergessen, im Gegenteil, Aufarbeiten des Ärgers ist angesagt. Und dann hilft die Weisheit, dass ich selber auch nicht unfehlbar bin.

Von der eigenen Bereitschaft zu verzeihen ist die Frage zu unterscheiden, ob und wann man Menschen vom Grundsatz her vergeben sollte. Die Antwort darauf ist nicht so einfach. Denn im Allgemeinen setzt Vergebung voraus, dass eine Schuld zugegeben wurde. Darüber hinaus machen Reue und eine mögliche Wiedergutmachung das Schuldbekenntnis erst glaubwürdig. Die christliche Vergebung ist also kein „Freifahrtschein“ für Missetäter. Umgekehrt würde manch einer seine Schuld eingestehen, wenn er nicht nur mit Verdammung rechnen, sondern am Ende auf Vergebung hoffen könnte.

Die Vernunft ist eine Gabe Gottes. Doch offenbar ist Gott kein Gegenstand unserer Vernunft wie andere. Zum einen ist unser Denken begrenzt in den Kategorien von Zeit und Raum. Zum anderen ist Gott kein messbarer Teil der Welt, sondern ihr Grund. Die Bibel drückt das so aus: Gott ist das Gegenüber zur Welt. Er ruft sie ins Leben. Man kann ihn nicht beweisen, man kann nur auf ihn vertrauen. Der Glaube an Gott ist deswegen nicht unvernünftig. Glaube und Vernunft schließen sich nicht aus, sondern können sich ergänzen.

In den ersten Lebensjahren kann ein Kind Vertrauen entwickeln. Es vertraut darauf, dass seine Eltern es lieben und dass das Leben gut ist. Das nennt man „Urvertrauen“. Dem ähnlich ist das Gottvertrauen, das sich auf Gott verlässt. Glaube „ist wie ein im Lauf des Lebens tausendfach neu genommener Anlauf des Vertrauens. Es kann nur ganz schlichtes Vertrauen sein, so einfach, dass alle es annehmen können.“ (Frère Roger, Taizé)

W

Warum lässt ein guter Gott das Böse und das Leiden zu? Und Jesus am Kreuz fragte: „Herr, warum (genauer: wozu) hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34) Wir stehen nicht an Gottes Stelle, um diese Fragen beantworten zu können. Und kein Mensch kann für die anderen die Antwort vorgeben. Jeder ist persönlich gefragt, ob er trotz des Leidens Gottes Güte trauen will. Die Bibel geht davon aus, dass zu Gottes Schöpfung durchaus auch Leid und Konflikte gehören. Dennoch wird sie „gut“ genannt (vgl. Genesis 1).

Christen stehen dabei nicht unter dem Zwang, jedes Leid anzunehmen. Gegenüber dem Leiden sind Klage und Protest erlaubt. In Christus begegnet uns ein Gott, der nicht Leiden will, sondern die Not der Armen teilt und selber Leid auf sich nimmt.

Die Bibel wird auch Wort Gottes genannt. Ist es nicht erstaunlich, dass Gott ein Wort für uns hat? Dabei beruht der Glaube nicht auf der Offenbarung der Bibel als solcher, sondern auf der Gewissheit, dass Gott sich in einem Menschen geoffenbart hat. Jesus Christus ist „das Wort“ in den vielen Wörtern. „Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“ (Johannes 1, 14).

In der Bibel haben Menschen über ein Jahrtausend hinweg ihre Erfahrungen mit Gott in vielfältiger Weise bezeugt. Die Bibel weckt bis heute in uns den Glauben. Die Bibel hat Macht, wenn wir ihr etwas zutrauen.

Z

loewenzahn

Auch die Fähigkeit zum Zweifel ist eine Gabe Gottes, denn Zweifel regen zum Nachdenken an. Zweifel gehören meistens zum Glauben dazu, sogar zum Glauben der Jünger um Jesus (vgl. Matthäus 14, 31; 28, 17; Johannes 20, 25). Glaube ist kein Besitz, sondern jeden Tag neu ein Geschenk. Wir müssen nicht alle Zweifel erledigt haben, um zu glauben. Auch ein kleiner Glaube kann große Kraft haben. Glaube ist manchmal nur wie ein Seufzen. Er ist manchmal wie ein Samenkorn, aus dem etwas wachsen kann. Er ist manchmal wie der Löwenzahn, der aus dem Asphalt bricht.